Konditionierungen, Radiosender im Hintergrund –
Konditionierungen sind grundsätzlich sinnvoll, weil sie dem Gehirn helfen, Energie zu sparen. So manche Konditionierung ist jedoch schon lange nicht mehr hilfreich, weil sie uns wie Automaten Dinge wahrnehmen, denken und tun lässt, die nicht gut für uns sind. Konditionierung sind häufig vor bewusst, weil sie in Hirnarealen gespeichert sind, die nicht direkt zugänglich sind. Umso stärker wirken sie dann im Hintergrund, wie ein leise funkende Radiosender, die unaufhörlich Botschaften senden.
Konditionierungen können bewusst gemacht und aufgelöst werden. Sind sie bewusst, sind wir ihnen nicht mehr wie Automaten ausgeliefert. Wir können wählen, wie wir handeln – so handeln, wie es unserem Wesenskern entspricht.
Ein Beispiel ist der Automatismus des „Gut oder Schlecht“. Ich nenne das auch gerne das “kritische Richtig oder Falsch“. Für viele Menschen ist diese Konditionierung allgegenwärtig, ohne dass sie sich dessen wirklich bewusst sind. Statt einfach zu sein, sind sie damit beschäftigt, kritisch zu schauen, ob sie die Dinge gut und richtig machen. Dieser Radiosender funkt immer, unablässig und macht das Leben unnötig schwer.
Der rote Drache zwischen Richtig und Falsch
Vor Kurzem war ich zur Qigong-Akademie in Düsseldorf. Das Thema war Bewusstsein. Wir waren zu achtzehnt. Ein Schwerpunkt war die Bewusstheit dafür, wie wir alle in richtig oder falsch ticken.
- Am ersten Tag gab es eine Bewusstseinsübung
- Wir gingen in die Figur ‚Der rote Drache spreizt seine Klauen‘ – eine komplexe, in ihren Feinheiten anspruchsvolle Form.
- Unsere Aufgabe: Das Richtig-Falsch wahrnehmen.
- Alle übten die Form, fünfmal, zwanzigmal, dreißigmal.
- Anschließend Austauschrunde
- Bei fast jedem war das Kritische Richtig oder Falsch mehr oder weniger mit dabei. Dabei wussten wir alle: Es geht nicht um das Richtigmachen. Und doch, in jedem, in jeder funkt der Richtig-Falsch-Sender.
- Wir waren uns einig: Schön wäre es, ganz präsent zu sein, zu atmen und dem Fluss der Form zu folgen. Ganz ohne kritisches Richtig oder Falsch. Einfach Drache sein.
Konditionierungen auflösen
Nicht in allen Kulturen wird so stark in Richtig oder Falsch konditioniert, wie in unserer. Immer scheint es um Richtig oder Falsch, um Gut oder Schlecht zu gehen. Doch sind wir dem nicht hilflos ausgeliefert.
Qigong wäre eine Möglichkeit🙄. Immer, wenn Du die Übung beginnst, übst Du die Wahrnehmung des Richtig-Falsch-Impulses. Sobald Du ihn erkennst, begrüßt Du ihn, lässt ihn da sein und entscheidest Dich, ihm nicht auf den Leim zu gehen. Nach und nach wird dieses Üben in Dich einsickern, und Schritt für Schritt nimmt Dir die Übung den Druck des Richtigmachens.
Nun macht nicht jeder Qigong. Du kannst sehr gut deinen Alltag nutzen, um die Richtig-Falsch-Konditionierung zu wandeln. Dazu nimm dir zehn Minuten Zeit, spüre deinen Konditionierungen nach. Schreibe auf, wann und wie deine Richtig-Falsch-Konditionierung besonders wirkt. Vielleicht betrifft es deinen Umgang mit deinem Partner, deinen Kindern, vielleicht den Sport, vielleicht das Spanischlernen. Es kann vieles sein. Und dann machst du es, wie beim Qigong: Immer dann, wenn du den Richtig-Falsch-Impuls erkennst, begrüßt du ihn und gehst ihm nicht auf den Leim und … wirst nach und nach freier und damit heiterer.
Konditionierungen im Coaching
Im Coaching geht es meistens um die Konditionierung in Form von Glaubenssätzen. Das sind tief verankerte Annahmen über uns selbst, andere Menschen und die Welt. Es sind innere, unüberprüfte Überzeugungen. Sie manifestieren sich als Gedanken-, Verhaltens-, Fühl-, Wahrnehmungsmuster. Glaubenssätze werden oft nach außen projiziert („Ich bin nicht wichtig“ wird zu „Der nimmt mich nicht ernst“). Sie steuern, wie wir uns verhalten, wie wir denken, fühlen und wahrnehmen. Glaubenssätze entstehen auf dem Lebensweg eines Menschen. Neue können hinzukommen´. Ein typischer Glaubenssatz wäre: “Ich bin nicht genug”.
Glaubenssätze können sehr gut mit Methoden des Systemischen Coaching und des Züricher Ressourcen Modells (ZRM) bearbeitet und aufgelöst werden. Ich staune, wenn ich die Befreiung von Klient:innen erlebe, die einen Glaubenssatz in einen Erlaubenssatz transformieren, wenn der Radiosender ausgeschaltet wird.
