Das System als Kommunikation
Beim Systemischen Coaching wird in der Arbeit mit Klient:innen eine “systemische Perspektive” eingenommen. Was heißt das? Klient:innen mit ihren Anliegen und die daran beteiligten Personen interagieren mit einem sozialen System, das über seine Kommunikationsmuster Symptome erzeugen. Ehepartner interagieren beispielsweise mit dem System Ehe, das aus Kommunikation besteht und bestimmten Mustern folgt.
Die meist unbewussten Kommunikationsmuster erzeugen viel eher die sichtbaren, den Beteiligten zugeschriebenen Eigenschaften, als dass sie feste Merkmale der Beteiligten wären. Das System macht sozusagen die Spieler, indem es ihnen Rollen zuweist. Nicht der eine Ehepartner ist so und so, sondern die Ehe als Kommunikationssystem weist Rollen zu und kreiert so rollenkonformes Verhalten. Symptome werden oftmals als Problem erlebt. Symptome sind jedoch sinnvoll, weil sie das System stabilisieren, mögen sie auch noch so seltsam wirken.
Essenziell ist die Einsicht, dass solche Systeme, das Beispiel der Ehe, ihre eigene Geschichte kreieren und diese fortsetzen wollen – inklusive der im System enthaltenen Konflikte. Das heißt, Muster werden aufrechterhalten, seinen sie auch noch so hinderlich.
Systemisches Coaching – Kommunikation ändern, nicht Menschen
Wenn soziale Systeme, also zum Beispiel eine Ehe, aus Kommunikation bestehen und die beiden Partner nicht Bestandteil des Systems sind – denn dieses ist ja Kommunikation – kann aufgehört werden, an den Menschen herumzudoktern. Dies hat etwas sehr entlastendes, zum Beispiel für die Ehepartner. Stattdessen liegt der Fokus auf der Kommunikation und der Frage, wie diese verändert werden kann.
Lösungen werden im Systemischen Coaching durch Beobachtung von Mustern, der Ableitung von Hypothesen und der versuchsweisen Veränderung dieser Muster initiiert. Es geht darum, das System versuchsweise, freundlich zu stören. Dieses Stören muss in dem Wissen geschehen, dass die Reaktion des Systems auf die Störung niemals kausal, d.h. klar vorhersagbar ist. Nach der Störung schauen Klienten, also zum Beispiel die Ehepartner, und Coach gemeinsam, was sich verändert hat und ob die Veränderung hilfreich und nährend ist.
Wichtig ist hier das Konzept der Anschlussfähigkeit. Ist eine Intervention – eine Störung des Systems – für dieses vor dem Hintergrund seiner Geschichte verarbeitbar? Anschlussfähigkeit muss der Coach durch Beobachten, durch Fragen, durch Verstehen des Systems und seiner Muster gemeinsam mit Klient:innen herausarbeiten.
Klärung des Anliegens
Im Systemischen Coaching gilt: Arbeite nie ohne das Anliegen des Klienten klar zu formulieren. Es wird so formuliert, dass positive Resonanz im Körper entsteht. Das Anliegen wird im Coaching-Prozess regelmäßig gemeinsam überprüft, denn es entwickelt sich weiter. Die Formulierung des Anliegens bildet die Grundlage und den ersten Schritt des Coaching. Häufig hat bereits das Herausarbeiten des Anliegens positive Wirkungen.
Hier das ein Beispiel aus meiner Coaching-Praxis. Das Anliegen wurde in der ersten Sitzung entworfen und dann durch die Klientin bis zur zweiten Sitzung optimiert: Ich wünsche mir, mich mit Blick auf meine Gefühle und Reaktionen besser zu regulieren, insbesondere auch als Vorbild für meinen Sohn.
Prinzipien im Systemischen Coaching
Dem Systemischen Coaching liegen Prinzipien zugrunde, die ich in meiner Arbeit berücksichtige:
- Alles ist Co-Kreation:
Das, was sich zeigt, wird durch Kommunikation und Interaktion gemeinsam hervorgebracht. - Systemkontext verstehen:
Um das Verhalten von Systemen zu verstehen, ist es wesentlich, den Kontext, die Umwelt des Systems zu verstehen. - Das System freundlich stören:
Durch behutsames Stören des Systems, durch anschlussfähige Interventionen, verändern sich ungünstige Verhaltens- und Kommunikationsmuster hin zu konstruktiven - Konflikte begrüßen:
Menschliche Systeme brauchen Konflikte, um sich weiterzuentwickeln. Offene Konflikte zeigen, dass die Lösung nahe ist. - Arbeiten mit Hypothesen:
Die Einschätzung des Coach ist eine Hypothese, die er durch Fragen klären muss. - Lösungsorientierung:
Coach und Klient:in entwickeln Lösungsansätze, die im Leben ausprobiert werden. Wenn sie funktionieren, wunderbar. Wenn nicht, werden gemeinsam Alternativen gesucht und ausprobiert. Es gilt: Gut ist, was funktioniert! - Klient:in arbeitet, Coach führt:
Mithilfe von systemische Fragen führt der Coach durch den Prozess. Der oder die Klient:in bearbeitet und vertieft die Fragen.
Ein Beispiel: „Stelle dir einmal vor, es gäbe einen Sinn im Verhalten von X. Was könnte dieser Sinn sein?“ - Kreativität der Klient:innen nutzen:
Lösungen, die vom Klienten kommen, sind wirksamer.
Durch meine Ausbildungen in systemischer Beratung und im systemischen Design sozialer Systeme nutze ich systemische Ansätze häufig im Coaching. Gerne kombiniere ich systemische Herangehensweisen mit anderen Coaching-Ansätzen und mit Elementen der Achtsamkeit. Mich erstaunt immer wieder, wie allein der durch die systemische Brille veränderte Blickwinkel neue Wege möglich macht.
Ein Beispiel für mein systemisches Arbeiten findest Du hier.