
Wahrscheinlich kennst du das – beruflich oder privat. Vor lauter Problemgedanken siehst du den Wald – sprich, die Welt ohne das Problem – nicht mehr und steckst fest. Die lösungsfokussierte Haltung lädt dazu ein, die Problemtrance zu verlassen und einen neuen, ungewohnten Denkraum zu betreten.
Die Wunderfrage
„Stelle dir sich vor, über Nacht geschieht ein Wunder. Das Problem, das dich beschäftigt, ist gelöst – aber du weißt nicht, dass das ein Wunder passiert ist, denn es passiert im Schlaf. Woran würdest du am nächsten Morgen als Erstes bemerken, dass sich etwas verändert hat? Woran würden nahe Menschen merken, dass das Wunder geschehen ist? Wie würdest du dich fühlen, was würdest du denken und was tun?“
Diese sogenannte Wunderfrage ist wohl das kraftvollste Werkzeug aus der lösungsfokussierten Beratung. Sie wirkt, weil sie den Blick verschiebt. Weg vom “Warum nicht” zum zum “Wie ist es, wenn’s gut geworden ist.” – zum scheinbar Unmöglichen, das möglich wird.
Problemwelt und Lösungswelt – unterschiedliche Räume
Die lösungsfokussierte Haltung richtet sich nicht gegen das Problem, sie stellt sich neben das Problem.
Sie nutzt eine andere Sprache, einen anderen Fokus, folgt einer anderen Logik: Probleme und Lösungen gehören meist nicht zur gleichen Welt, und – vielleicht am überraschendsten – oft zeigt sich: Die Lösung hat mit dem Problem nicht direkt zu tun.
Was fragt die Problemwelt?
- Warum ist das so?
- Was ist die Ursache?
- Wer trägt die Verantwortung?
- Was funktioniert nicht?
Was fragt die Lösungswelt?
- Was wäre anders?
- Was funktioniert schon?
- Was hilft und wie kann es mehr davon geben?
Natürlich braucht es auch Problemanalyse – aber nicht als Ziel, sondern als Ausgangspunkt für eine klare Anliegenformulierung.
Ein Beispiel aus dem beruflichen Alltag
Eine Führungskraft fühlt sich überfordert – zu viele Aufgaben, zu wenig Klarheit, zu viele Konflikte. Die naheliegende Lösung wäre, die Ursachen genau zu analysieren und an den schwierigen Punkten anzusetzen. Die lösungsfokussierte Sicht arbeitet anders. Sie fragt:
- Gab es einen Tag, an dem es ein bisschen leichter war?
- Was war da anders?
- Wie lässt sich mehr davon in den Arbeitsalltag holen?
Oft liegt die Veränderung nicht im Problem, sondern in dem, was trotzdem schon funktioniert.
Die Macht der kleinen Schritte
Ein Wunder ist kein Zaubertrick. Es beginnt mit einem kleinen Schritt. Kleine Veränderungen entstehen, wenn sich die Perspektive verändert und wir stärken, was bereits trägt, statt um das kämpfen, was fehlt. Wenn wir zum Beispiel fragen, was ein kleiner Schritt sein könnte, damit das Wunder ein wenig wahr werden kann.
Ein wichtiges Prinzip aus der lösungsfokussierten Beratung lautet: Kein Problem besteht ohne Unterlass. Diese Ausnahmen lassen sich nutzen, und Schritt für Schritt wächst daraus Veränderung. Auf diese Weise können Wunder wahr werden!
Impuls für den Alltag
Wenn dich ein Problem plagt, könntest du dir eine der folgenden Fragen stellen:
- Was wäre morgen ein erstes kleines Zeichen, dass mein Wunder geschieht?
- Wann war das Problem, das mich plagt, nicht da oder weniger spürbar?
- Was tue ich bereits Gutes, was das Wunder wahr werden lässt, vielleicht sogar mitten im Schwierigen?
- Was könnte ich tun, um davon mehr in mein Leben zu holen?